Schnell, schnell, schnell! Wie Eltern ihr Leben im Spagat zwischen Arbeit und Familie absolvieren und was sie daran ändern können.
Hilfe, es ist schon 17 Uhr 30, der Tag ist praktisch rum und ich habe das Gefühl, gar nichts geschafft zu haben! Ich. Habe. Keine. Zeit. Gibt es ein Elternteil, dass dieses Gefühl nicht kennt? Gibt es jemanden der sich nicht mit Kopfschütteln an jene Zeit erinnert, als noch gar keine Kinder da waren, wir aber dennoch keine Zeit hatten? Lange Arbeitstage mit Pausen, die wir immer wieder die Sozialkontakte pflegend an der Kaffeemaschine verbrachten, Freunde, mit denen wir uns trafen, um ihnen eigentlich beim Umzug zu helfen. Mit denen wir zunächst aber frühstücken gingen, um gegen 15 Uhr 30 erschrocken loszulegen. Und Urlaubsreisen, von denen wir völlig erledigt zurückkehrten, weil wir alles gewollt hatten: Baden und den Windsurfkurs am Gardasee und bergsteigen und abends in den Club. Wir wollten alles! Hier und sofort! Ein tollen Gefühl – wenn wir, um es überhaupt wahrnehmen zu können, nicht zu erschöpft gewesen wären.
Dann kamen die Kinder! Hatte ich mich während der Schwangerschaft beklommen gefragt, wo in meinen Tagesabläufen mein Kind seinen Platz finden sollte, fragte ich mich bereits in der ersten Lebenswoche meiner Tochter, wo in ihrem Tagesablauf mein „normales“ Leben ein Plätzchen abbekommen könnte… Sie bestimmte mein Leben und nur, wenn ihre Bedürfnisse es zuließen, fand ich Zeit für mich: mich duschen und anziehen (gern während ihres Mittagsschläfchens). Schminken? Haare? Styling? Wie denn – und wann? Am schlimmsten: Der Schlafmangel!
Als ich nach einigen Monaten – das Kind hatte inzwischen in einen halbwegs verlässlichen Schlafrhythmus gefunden – wieder als studentische Hilfskraft zu arbeiten begann, staunte ich nicht schlecht über meine Produktivität. Die war gestiegen. Ich schaffte in der gleichen Zeit viel mehr!
Seit jener Zeit bin ich, wie auch andere Eltern, der Überzeugung, dass Eltern generell mehr schaffen. Vor allem eben Kinder und ihren Job. Aber das ist lediglich eine Seite Medaille.
Eine Studie des Statistischen Bundesamtes hat jüngst ergeben, dass Eltern und da vor allem eben die Mütter mehr Zeit mit bezahlter und unbezahlter Arbeit verbringen als Kinderlose. Und das auch dann, wenn sie nicht Vollzeit berufstätig sind. Das summiert sich (Achtung, hier kommt lediglich ein Durchschnittswert!) auf 60 Stunden Wochenarbeitszeit.
Weniger Zeit mit Erwerbstätigkeit zu verbringen, ist jedoch für Frauen eher eine schlechte Alternative: Sie arbeiten häufig ohnehin in Teilzeit, um die Kinder betreuen zu können, während Väter, wegen des häufig höheren Gehaltes, Vollzeit arbeiten. Männer sind damit aber immer häufiger unzufrieden, würden gerne mehr Zeit mit dem Nachwuchs verbringen. Andere Modelle der Arbeits(zeit)teilung wären noch ungünstiger: Das „Versorgungsmodell Ehemann“ hat – nicht nur Männer freuen sich darüber – weitgehend ausgedient. Die völlige finanzielle Abhängigkeit vom Ehemann inklusive Altersarmut – nicht mehr viele Frauen können sich das überhaupt noch als Lebensentwurf für sich vorstellen. Bei einer Trennung stünde die Hausfrau und Mutter nicht nur finanziell erst einmal vor dem Nichts.
Dennoch rutschen (überwiegend) Frauen eben wegen der Teilzeitarbeit in die gender pay gap. Reduziert arbeiten heißt, reduziert verdienen, langsamer (wenn überhaupt) Karriere machen, geringere Rücklagen für’s Alter bilden. Und das, damit wir alles schaffen: Erwerbsarbeit und Hausarbeit und Kinderaufzucht und Partnerschaft und ein Freundeskreis und ein Hobby ganz für uns allein und und und…. Wir müssten die Abläufe nicht nur straffen, nicht einfach schneller arbeiten, denn das halten wir auf Dauer ja nicht aus. Was wir immer wieder tun müssen, ist unseren Alltag kritisch besichtigen: Wie und wofür setze ich meine Zeit ein? Was ist wichtig, was war mal wichtig, ist es jetzt aber nicht mehr? Es geht nicht um’s To-Do-Listen-Schreiben und -Abarbeiten, es geht nicht um Selbstoptimierung. Es geht darum, die Lebensentscheidungen, die wir irgendwann einmal getroffen haben, immer mal wieder auf ihre Gültigkeit hin zu untersuchen. Diese Aufgabe trifft nicht nur die mit wenig Geld sondern alle, für die Zeit das viel knappere Gut ist. Selbst die sicher vorzüglich bezahlte Yahoo-Chefin Marissa Mayer steht vor diesem Problem: Sie will Yahoo-Chefin bleiben und dafür selbstverständlich Vollzeit arbeiten – wenige Wochen nachdem sie ihre Zwillinge auf die Welt gebracht haben wird.
Weil diese Aufgabe allein schwer zu bewältigen ist, wird es im Rahmen der Akademie für Matrisophie ab Herbst eine Serie von Workshops geben. Wir halten Euch auf dem Laufenden!
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